In den Jahren der Energiewende trifft die „Virtuelle Batterie“ mit ihrer Möglichkeit des Lastmanagements den Kern der Zeit. Eine Verschiebung des Produktionslastpunktes um 25% aller deutschen Aluminiumhütten für 48h ergibt eine Speicherkapazität von etwa 13GWh und erhöht damit die aktuell installierte Pumpspeicherkapazität Deutschlands um etwa 33%. Damit trägt die Virtuelle Batterie nicht nur zur erfolgreichen Umsetzung der Energiewende bei, sondern ist als Vorreiter in der energieintensiven Industrie maßgeblich an ihr beteiligt.In der vorliegenden Dissertation werden die Grundlagen der Aluminiumherstellung sowie gängige Theorien zu Prozessregelsystemen der Aluminiumschmelzflusselektrolyse beschrieben. Anhand einer umfangreichen Beispielrechnung wird der Einfluss des Lastmanagements auf den Elektrolyseofen dargestellt.Notwendig für die Flexibilisierung ist ein magnetisch kompensierter Ofen zur Erstellung einer ebenen Aluminiumoberfläche, damit Stromstärkeänderungen keinen Kurzschluss der Aluminiumoberfläche mit den Anoden erzeugen. Darüber hinaus ist eine zusätzliche Kühlung zwingend erforderlich um die Enthalpie des Ofens nicht so stark anzuheben, dass keine schützende Randkruste mehr vorhanden ist. Beide Maßnahmen wurden im Rahmen dieser Dissertation an zwölf Versuchsöfen installiert und verifiziert.Die über einen Zeitraum von fünf Jahren (2011-2016) durchgeführten Versuche zur Flexibilisierung des Energieeintrages eines Elektrolyseofens werden erklärt und die Ergebnisse diskutiert. Mithilfe einer umfangreichen Messwertaufnahme wurde ein Echtzeit-Wärmebilanz-Modell (Energycounter) entwickelt, welches Aufschluss über das Temperaturverhalten der Elektrolyseöfen unter Flexibilisierungsbedingungen gibt. Schlussendlich wird eine geeignete Echtzeit-Wärmebilanz-Regelung vorgestellt und im virtuellen Modell (Matlab/Simulink) und an der realen Testofengruppe verifiziert.Der Lösungsansatz ist in drei Themenbereiche gegliedert. Im ersten Schritt den Energieeintrag so weit wie möglich zu reduzieren und im Folgeschritt den Wärmeverlust mittels der Wärmetauscher zu kompensieren. Die Umsetzung erfolgt überlagert und ist für jeden Ofentyp einzeln zu bestimmen. Jeder Ofen unterliegt thermischen und prozesstechnischen Grenzen, welche für den EPT14 Ofen des Standorts Essen bestimmt wurden. Sind minimaler Ofenwiderstand sowie die min/max Grenzen des Wärmeverlustes bekannt, können im ersten Schritt der Regelung des Wärmehaushalts nach dem Ohmschen Gesetz der Widerstand antiproportional zur Stromstärke bis zu seinem Minimum angepasst werden. Mit Erreichen des Minimums wird der Wärmeverlust über die Wärmetauscher proportional zu weiteren Stromstärkeerhöhungen vergrößert. Schlussendlich müssen Regelungen eines bestehenden Prozesssystems so angepasst werden, dass sie derFlexibilisierung nicht entgegenwirken, sondern sie begünstigen.Ein veränderter Wärmeverlust stellt sich jedoch nicht, wie die Anpassung des Energieeintrags über den ACD, unmittelbar ein. Die Wärmeverluständerung unterliegt einer Reaktionszeit, welche beschrieben und nachgewiesen wurde. Durch ein gezielt überkompensierendes PT1-Glied wird der nacheilenden Wärmeverluständerung entgegengewirkt, sodass sich ein neues thermisches Gleichgewicht schneller einstellt. Die Grenzen des Systems sind bei der negativen Modulation wirtschaftlicher Art, während bei der positiven Modulation der einzustellende Wärmeverlust über die Wärmetauscher nicht beliebig erhöht werden kann.Die vorliegende Dissertation befasst sich hauptsächlich mit der Aufnahme von Wärmebilanzen, Temperaturen und Spannungen. Im Zeitalter von BigData wäre es möglich, Eingangskontrollen zu Mengen von Aluminiumoxid und Aluminiumfluorid genauer aufzunehmen, um auch das chemische Gleichgewicht zu bilanzieren. Des Weiteren könnte mithilfe einer (Massen-) datengestützten Erfassung, Überwachung und Steuerung möglichst aller relevanten Prozessparameter, der Betrieb einer Aluminiumelektrolyse unter Flexibilisierungsbedingungen bezüglich Verschleiß und Energieverbrauch verbessert werden. Diese Daten werden seit Jahren erfasst, jedoch zum Teil nicht ausgewertet und gespeichert noch zur Regelung oder einfachen Steuerung angewendet. Zur Verringerung der Komplexität wurden bislang die Einflussnahme der in Wechselwirkung stehenden Prozesse nicht berücksichtigt, welche ebenfalls in einer neuartigen Prozessregelung aufgenommen werden sollten. Schlussendlich können in einer neuartigen Prozessregelung der Energycounter, die Echtzeit-Energiebilanz-Regelung sowie die Ofenregelung in einem Mehrgrößensystem miteinander verbunden werden. So kann das Verhalten des Ofens mithilfe des virtuellen Systems schon vorausbestimmt werden und darauf frühzeitig reagiert werden. Dieses sehr umfangreiche Vorhaben muss dann alle drei Ebenen, von der Messwertaufnahme (Hardware), über die Regelung (Hard+Software), bis zur Visualisierung (Software) beinhalten. Der Grundstein zu diesem Projekt ist hiermit gelegt und die TRIMET ist bereit, diesen Paradigmenwechsel der Aluminiumherstellung zu gehen.
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