An der Börse haben beide Modetitel (Gerry Weber minus 40 %; Tom Tailor minus 26%) auf Sechs-Monatssicht wahrlich keine Glanzleistung hingelegt und sich im Vergleich zum SDAX (plus 14%), MDAX (plus 7%) und MAI (plus 4%) deutlich schwächer entwickelt. Fundamental bietet sich indes ein anderes Bild. Während der deutsche Textilmarkt im ersten Halbjahr um 2 % schrumpfte, konnte Tom Tailor beim Umsatz um 3,8 % zulegen und Marktanteile gewinnen. Auch flächenbereinigt war die Entwicklung besser als der Markt, was für das Markenimage und das Geschäftsmodell spricht. Bei Gerry Weber war die Umsatzentwicklung (flächenbereinigt minus 4,6 %) im ersten Halbjahr 2014/15 (per 30. April) zweifellos enttäuschend, teils aber auch dem sehr schwierigen Branchenumfeld geschuldet. Angesichts des 60%-igen Umsatzanteils in Deutschland (Tom Tailor: 64 %) dürfte Gerry Weber im dritten Quartal (per 30. Juli) von der aufgehellten Lage im deutschen Textilmarkt profitiert haben. Bezüglich der Bruttomarge liegen beide Konzerne mit über 57 % nah beieinander. In puncto Rentabilität steht Gerry Weber mit einer Ebitda-Marge von 12,1% (Tom Tailor 6%) aber eindeutig besser da. Die Ostwestfalen haben den eigenen Einzelhandel inklusive Hallhuber (Umsatzanteil: 54,3 %) mit ihren Houses of Gerry Weber frühzeitig und sukzessive vorangetrieben. Bei Tom Tailor ist das Retail-Segment (64,6%) durch die Akquisition der angestaubten Marke Bonita im Jahr 2012 mit einem Schlag gestiegen. Diese musste aber erst wieder flott gemacht werden, was am Ertrag zehrte. Die Flächenproduktivität durch beschleunigte Vertikalisierung zu steigern, hat daher bei den Hamburgern oberste Priorität. Auch für Gerry Weber zählt neben der fortgesetzten Retail-Ex-pansion die bessere Kontrolle über die gesamte Wertschöpfungskette zu den wichtigsten Zielen. Im Zuge der stärkeren Internationalisierung haben sich beide Modefirmen zuletzt nach Kanada orientiert. Der Aufbau einer Umsatzsäule in Nordamerika ist vor allem für Gerry Weber bedeutend, um einen Ausgleich für das krisenbehaftete Russlandgeschäft (Umsatzanteil 3 bis 4 %) zu schaffen.
展开▼