Mikroschadstoffe: Über ein Stoffstrommodell zu Handlungsempfehlungen

摘要

Herr Prof. Krebs, die provokante Frage gleich vorab: Sind jetzt alle Fragen hinsichtlich der Eintragspfade und -mengen von Mikro-schadstoffen geklärt, zumindest in dem im Projekt betrachteten Einzugsgebiet? Obwohl vieles klarer geworden ist, muss ich diese Fage mit Nein beantworten. Wir konnten aber - und das hatte für mich auch höchste Priorität - ein räumlich und zeitlich hoch aufgelöstes Stoffflussmodell für Sachsen entwickeln. Dieses ermöglicht es uns, aufgrund einer großen Zahl an Inputdaten vorherzusagen, welche Menge eines Stoffes in unser System eingetragen wird und zu welchen Anteilen und über welche Pfade dieser Stoff aus unserem System ausgetragen wird und in die Gewässer gelangt, und zwar - das ist neu - dynamisch, räumlich gut aufgelöst und georeferenziert. Dieses Methodenent- wicklung haben wir anhand eines Modellschadstoffes, des Antiepileptikums Carbamazepin, durchgeführt. Dieses Medikament ist weit verbreitet, wird in der Kläranlage schlecht abgebaut und ist gut zu detektieren. Wir erhielten die wöchentlichen Daten zur Verschreibung von Carbamazepin in Sachsen - immer unter strenger Wahrung des Datenschutzes - von der AOK Plus. Eingeteilt in etwa 500 Teilgebiete, konnte damit der Konsum abgeschätzt werden, mit der kleinen Unsicherheit, dass der Anteil der nicht eingenommenen, sondern direkt die Toilette entsorgten Stoffmenge nicht bekannt war. Neben den konsumierten Mengen muss das Verhalten des Stoffes im Körper bekannt sein: Wird er zu einem hohen Anteil unverändert ausgeschieden, spielt die Menge, die ohne Umwege im Abwasser landet, keine wesentliche Rolle mehr, bei niedriger Ausscheidungsrate allerdings schon. Weitere zu betrachtende Stoffeigenschaften sind seine Hydrophilie/Hydrophobizität, d. h. die Frage, ob der Stoff dazu neigt, im Wasser gelöst zu verbleiben oder an Feststoffen anzuhaften. Für die betrachtete Abwasseranlage muss geklärt werden, wie hoch der Abbau in der Kläranlage ist, für die im Gewässer entstehende Konzentration muss die Verdünnung miteingebezogen werden. Die Mischwasserentlastungen fallen umso mehr ins Gewicht, wenn die Abbauleistung durch die Kläranlage besser ist. Für die Gewässer selber bekamen wir täglich die Werte der Abflussmengen des Landesamtes, sodass wir tägliche Konzentrationswerte berechnen konnten.