Was Räume mit uns machen - und wir mit ihnen. Kritische Phänomenologie des Raumes

摘要

Der Band sticht von Beginn an durch die Informationsbreite hervor: Jürgen Hasse ist nicht nur ein ausgezeichneter Kenner der phänomenolo-gischen Theorien der Atmosphäre (hauptsächlich von Schmitz, Gernot Böhme und Tellen-bach), sondern er identifiziert auch Vorläufer dieses Begriffs in der Philosophie, in den Sozialwissenschaften und in der Architekturtheorie, wie etwa Willy Hellpach oder August Endell. Auf diese stützt er sich und von ihnen grenzt er sich auch gelegentlich ab, um allgemein den rationalistischen und konstruktivistischen Ansatz in den Sozialwissenschaften abzuschwächen. „Nicht alles, was Menschen in vitalen Situationen ausmacht, ist Ausdruck intentionaler Handlungen und intelligibler Entwürfe", lautet bereits der erste Satz der Einleitung (S. 11). Der Mensch ist nicht nur ein rational handelnder Gestalter und Akteur, sondern ebenso ein leiblich und emotional Betroffener oder „Pat-heur", der in Situationen verwickelt ist. Gegen die statische Perspektive der modernen rationalen Planung und den Konstruktivismus als herrschendes Erklärungsmodell in den Sozialwissenschaften betont Hasse im Anschluss an Schmitz die Situativität und Performativi-tät des Lebens, die eine unkontrollierbare Dynamik des „Bildes" der Stadt in Gang bringen. Zugleich aber nimmt der Autor Stellung auch gegen die postmoderne Instrumentalisierung der Gefühle durch ökonomisch-politisch interessierte Inszenierungen von Atmosphären, die die Menschen in die Rolle von passiven Konsumenten drängen. Für Hasse können vielmehr die Handlungen und Stimmungen der Menschen selbst diese Atmosphären ändern, so dass die atmosphärische Gestaltung nicht durchwegs planbar ist. Somit geht Hasse von einer ontologischen Doppelstruktur des Menschen aus und nimmt sich vor, in den weiteren Aufsätzen „die Grenze zwischen Akteur und Pat-heur an der Situation des Individuums" festzumachen (13). Diese allgemeine Doppelstruktur verwirklicht sich in den jeweiligen gesellschaftlichen Kontexten; in ihrer Untersuchung sieht Hasse auch das Potential der so genannten „kritischen Phänomenologie", die das phäno-menologische Gedankengut mit kulturkritischen Theorien verbindet und laut Hasse Vorgänger in der Geschichte der Phänomenologie selbst hat.