Sprechende Wände. Häftlingsinschriften im Gefängnis Leistikowstraße Potsdam. Hrsg. von Ines Reich und Maria Schultz

摘要

In Stein und Wände vor Tausenden von Jahren eingeritzte Botschaften gelten uns heute als unschätzbare Dokumente der Kultur. Ähnliche Einritzungen aus der Mitte des 20. Jahrhunderts weisen jedoch auf Kulturverfall und Barbarei hin. Von solchen Zeugnissen ist im Band »Sprechende Wände« die Rede, den Ines Reich und Maria Schulz im Metropol-Verlag herausgegeben haben. Erstaunlich genug: Aus der jüngeren Geschichte, dem Zeitalter der Weltkriege und den Nachkriegszeiten erreichen uns immer wieder neue Botschaften privater Provenienz - Feldpostbriefe, Tagebücher, intime Aufzeichnungen -, die unser Bild jener Zeit überraschend präzisieren und erweitern. Nicht selten sind diese Botschaften verstörend, wie jene aus dem ehemaligen Gefängnis in der Potsdamer Leistikowstraße 1. Im 1916 vom Evangelisch-Kirchlichen Hilfsverein erbauten Gebäude befand sich von 1945 bis Anfang der 1990er Jahre die zentrale Untersuchungshaftanstalt der sowjetischen Militärspionageabwehr Smersch. Die sowjetische Militäradministration hatte nach Kriegsende große Teile der Nauener Vorstadt Potsdams beschlagnahmt und in das »Militärstädtchen Nr. 7« umgewandelt. Nach dem Abzug der russischen Streitkräfte wurde das Gebäude der Stadt Potsdam zurückgegeben. Ende der 1990er Jahre wurde hier eine Gedenkstätte eingerichtet.