Die nagelneue Boeing 787 der Turkish Airlines lässt beim Anflug auf Istanbul den alten Atatürk-Flughafen unter der rechten Tragfläche hinter sich, einige wenige Frachtflugzeuge stehen noch wie vergessen auf dem verlassenen Rollfeld. Dann kommt der neue Flughafen in Sicht, eröffnet im April dieses Jahres. Die Wunden in der Landschaft sind noch deutlich sichtbar. In der Rekordzeit von weniger als sechs Jahren wurde rund 40 Kilometer nördlich der 15-Millionen-Metropole der größte Flughafen Europas in die hügelige Marsch- und Waldlandschaft an der Küste des Schwarzen Meeres betoniert. In London-Heathrow dauert allein die Entscheidung über eine dritte Piste schon zehnmal so lange, ganz zu schweigen von den Verzögerungen beim neuen Berliner Flughafen. Gut zehn Milliarden Euro und mehrere Dutzend tote Arbeiter hat das Prestigeprojekt des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan nach offiziellen Angaben gekostet. Andere Quellen rechnen Erschließungs- und Infrastrukturkosten der Umgebung mit ein und sprechen von der dreifachen Summe. Der weltgrößte Flughafenumzug im April klappte reibungslos, zweifellos ein Erfolg. Doch zuletzt mehrten sich in der Türkei kritisehe Stimmen vor allem jener, die den gewählten Standort schon immer für falsch hielten. Sogar der türkische Verkehrsminister musste eine hohe Zahl an Durchstart-Manövern in den ersten Betriebsmonaten einräumen, vor allem wegen potenziell gefährlicher Scherwinde. Auch Vogelschläge wurden wiederholt als Problem genannt, dabei standen stürmische Wetterlagen und die großen Vogel-Wanderungen im Herbst beim Besuch der FLUG REVUE erst bevor. Jeden Oktober werden eine Million Störche in dem Gebiet um den Flughafen erwartet, einem der größten Zugvogelgebiete der Welt. Im Herbst beginnt außerdem an diesem küstennahen Standort die gefürchtete Nebelsaison.
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