Horizontale, vertikale und torsionale kanal-okuläre und entsprechende makulo-okuläreReflexe wurden bei Fröschen getrennt untersucht. Ziel der Untersuchung war es einerseits, dieräumlichen Vektoren der Richtungen von Bestantworten zu bestimmen und andererseits, dieVektororientierungen beider Reflexe zueinander in Beziehung zu setzen. Hierzu wurden dieSummenaktionspotentiale von drei verschiedenen Augenmuskelnerven (M. lateralis rectus, M.inferior rectus, M. inferior obliquus) während Translations- bzw. Drehbeschleunigungen unterAusschluß visueller Reizung untersucht. Sinusförmige Translationsbeschleunigungen wurden inhorizontaler, vertikaler und schräger Richtung ausgeführt. Sinusförmige Drehbeschleunigungenwurden um eine erdvertikale Achse ausgeführt. Vor jeder Messung wurde die Kopfpositionsystematisch in der Nick- bzw. Kippebene verändert, um diejenigen Richtungen zu bestimmen,die maximale Antworten im Augenmuskelnerven auslösten. Anhand dieser Daten und anhandbekannter, kopffester Koordinaten der Bogengänge konnten die Richtungen der maximalenAntworten bei Translations- und Drehbeschleunigungen für die getesteten Augenmuskelnervenberechnet und in Bogengangskoordinaten ausgedrückt werden.Horizontale lineare Translationsbeschleunigungen riefen Antworten in den jeweiligenAugenmuskelnerven hervor. Jedem der getesteten Nerven konnte ein fächerförmiger Sektor aufdem kontralateralen Utrikel zugeordnet werden, aus dem die Antworten stammten. DieAntworten waren nur erregender Art, ein unterstützender hemmender makulo-okulärer Reflexkonnte nicht festgestellt werden. Sakkulus oder Lagena steuerten keine vertikale Komponente zum makulo-okulären Reflex bei. Die Sektoren des M. lateralis rectus bzw. des M. inferiorobliquus hatten einen Öffnungswinkel von 60° bzw. 45° und lagen in der rostralen Hälfte desUtrikels. Beide Sektoren überlappten und lagen in der Ebene der horizontalen Bogengänge. DerSektor des M. inferior rectus war vergleichsweise schmal (5° Öffnungswinkel), lag in derkaudalen Hälfte des Utrikels und war um 6° gegenüber den horizontalen Bogengängen nach obengeneigt.Bei Drehbeschleunigungen traten maximale Antworten im Nerven des M. inferiorobliquus auf, die sich aus der Konvergenz von Signalen vom kontralateralen anterioren undipsilateralen horizontalen Bogengang (Konvergenzverhältnis 50 : 50) ergaben. Der Abduzensnervantwortete maximal bei Rotationen in einer Ebene, bei der eine Konvergenz von Signalen ausdem kontralateralen horizontalen und anterioren Bogengang im Verhältnis 80 : 20 aktiviertwurde. Die Antworten im Nerven des M. inferior rectus waren maximal, wenn der Kopf in derEbene des kontralateralen posterioren Bogengangs gedreht wurde.Ein Vergleich der Vektororientierungen der maximalen Antworten bei Translations- bzw.Drehbeschleunigungen zeigte, daß diese beiden Vektoren bei jedem der untersuchtenAugenmuskelnerven jeweils etwa senkrecht zueinander standen. Mit dieser Anordnung könnensich makulo-okuläre und kanal-okuläre Reflexe bestmöglich unterstützen: Die Richtung derBestantworten bei Drehbeschleunigungen bleibt dieselbe, unabhängig davon, ob kanal-okuläreReflexe isoliert oder zusammen mit makulo-okulären Reflexen aktiviert werden. Die hiergefundenen Unterschiede in der Organisation zwischen makulo- und kanal-okulären Reflexensowie die gemeinsame räumliche Abstimmung der beiden Reflexe könnten ein allgemeinesOrganisationsprinzip bei Vertebraten darstellen.
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