eruf, Berufung und Wissenschaft Karl E(h)renbert von Molls (1760-1838) Visionen als 'Akademiker' in politischen Umbruchzeiten (mit der Edition eines Briefes)

摘要

Die Identitat von wissenschaftlicher Betatigung und Brotberuf bildete im ausgehenden 18. Jahrhundeft eher eine Ausnahme als eine Regel fur die Mehrzahl jener Protagonisten, deren Leistungen sich in der Wissenschaftsgeschichte behaupteten. Ausgehend vom zeitgenossischen Verstandnis, in dem deutlich zwi-schen "innerem Beruf" (Neigung), "auberem Beruf" (Konzentration auf ein "Geschaft") und "burgerlichem Bert (Bestimmung durch den Staat) unterschieden wurde, stellt sich die Frage nach der lebensweltlichen Praxis im Spannungsfeld zwischen Wissenschaft und Staat, die beide ihrerseits einem radikalen Wandel unterworfen waren.Karl E(h)renbert von Moll zahlt zu den wichtigsten (und schon oft behandelten) Personlichkeiten der Landeskunde Salzburgs. Er wirkte seinen "Neigungen" folgend als Entomologe, als Naturforscher, Mineraliensammler und mit der Herausgabe seiner Fachzeitschriften als bedeutender Wissenschaftsorganisator der Bergbau- und Montankunde. Als Vertreter der kurfurstlichen Burokratie war er vom Posten eines "Verwaltungsaccessisten" in Zell in Zillertal (1782) bis zum Direktor der Hof kammer in Salzburg (1790) und Direktor des Salz, Munz und Bergwesens (1791) aufgestiegen.Aufgewachsen als Sohn eines sogenannten "Pflegers", der ein Bindeglied zwischen der hochftirstlichen Zentralstelle und der feudalen landlichen Verwal-tungsposition darstellte, erzogen an der Ritterakademie von Kremsmunster innerhalb einer vielseitigen, neben den traditionellen Fachern auch den Realien gewidmeten Bildungsstatte, setzte Moll bereits in seinen juristischen Ausbildungsjahren in Salzburg Aktivitaten, die im Rahmen der Reformen des furstlich aufgeklarten Absolutismus willkommen schienen.Nach der Schlacht bei Hohenlinden war Moll 1800 von den franzosischen Besatzern als Statthalter des FOrsterzbistums eingesetzt worden, nach dessen Sakularisierung 1803 gehort er der Regierungskonferenz an. 1804 wechselte er in bayerische Dienste, wo er an der Akademie der Wissenschaften in Munchen zwar als deren Vizeprasident durchaus sehr exponiert und materiell grobzugig unterstitzt, zu hochster Anerkennung gelangte, aber dennoch unglucklich lebte. Molls sehnlichster Wunsch, als Direktor des Wiener Hofnaturalienkabinetts und als Nachfolger nach Andreas Stutz' Tod (1806) wirken zu konnen, ging nicht in Erffullung. Anhand eines bisher unbekannten, privaten (sehr umfangreichen) Briefes aus der Feder Molls an Erzherzog Johann soil dessen"Berufsveranderungs-wunsch" in seinen vielfaltigen Zusammenhangen analysiert werden: Die Leitung der kaisedichen Sammlung bot sich Moll als ideates Feld an, das Berufung und Mirgerliche Pflicht epistemisch wie auch politisch unter einen Hut hatte bringen konnen Denn an der Munchner Akademie mit ihrem System dynamischer entstehender Fachdisziplinen und der neuen Philosophie sah der enzyklopadisch Arbeitende keine besondere Zukunft fur seine Ausrichtung. Die naturhisto-rische kaiserliche Sammlung in Wien schien den besseren Rahmen fur seine universalistische Wissenschaftskonzeption zu bilden.