„Manchmal brauchen wir einen Fachmann, um richtig zu verstehen", so Dauderstädt weiter. „Der Verfassungsrechtler Di Fa-bio liest uns das Grundgesetz vor und macht deutlich, was ein Gesetz zur Tarifeinheit wäre: Als ,Eingriff in den Schutzbereich des Art. 9 Abs. 3 GG' unterfällt auch eine legislative Maßnahme der ausdrücklichen Folge der Rechtswidrigkeit nach Art. 9 Abs. 3 Satz 2 GG. Denn ein solches Gesetz würde verfassungswidrig die Grundrechte der Gewerkschaften einschränken und zu behindern suchen. Das Parlament könnte bei so offenkundiger Grundgesetzwidrigkeit kaum Beachtung er- warten, auch ohne dass Karlsruhe ihm diese bescheinigt." Es gehöre zum Wesen einer Gewerkschaft, auch die Arbeitsbedingungen ihrer Mitglieder durch Tarifverträge zu gestalten, bekräftigte der dbb Bundesvorsitzende. „Nimmt man ihr dieses Recht, kommt das einem Verbot gleich. Mehrheiten sind in der Demokratie wichtig, aber nur innerhalb einer Organisation, nicht im Verhältnis zueinander mit Verdrängungswirkung. Das wäre in der Tat eine ,Mehrheitsherrschaft am falschen Ort'. Kleineren Gewerkschaften darf nicht das Recht genommen werden, die größeren zu werden. Koalitionsfrei- heit ohne Wettbewerb ist undenkbar." Den „Betrieb" als neuen „Ordnungsraum" für das Tarifgeschäft heranzuziehen, würde eine zum beabsichtigten Ziel gegenteilige Wirkung entfalten: „Die zahllosen .freien' Listen bei Personal- und Betriebsratswahlen würden geradezu herausgefordert, zu Gewerkschaften zu mutieren, wenn der Gesetzgeber die Gestaltungshoheit für Tarifverträge auf die Betriebsebene herunterzieht. Bisher noch funktionierende Flächentarifverträge würden durch unzählige partikulare Verträge abgelöst; in jedem Betrieb nur ein Vertrag, aber Tausende unterschiedlicher Verträge in jeder Branche."
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